www.naturfreunde.at

Zu Fuß nach Bratislava

Als ich meinen Freunden erzählte, dass ich zu Fuß von Wien nach Bratislava gegangen bin, erntete ich verwirrte Blicke. „Wie zu Fuß?“, fragten sie mich verwundert. Na ja, ganz einfach so. Ich zog mir meine gemütlichsten Wanderschuhe an, packte die wichtigsten Sachen in einen kleinen Rucksack und ging los. Es war ein herrliches Wochenende im Spätfrühling. Der Gedanke, dass 65 km vor mir lagen, erhöhte meinen Puls und verschaffte mir einen angenehmen Adrenalinstoß.

Text und Fotos: Anja Malenšek, Mitarbeiterin der Abteilung Werbung & Öffentlichkeitsarbeit der Naturfreunde Österreich

 

Da ich mir den Weg durch ganz Wien ersparen wollte, fuhr ich per Bus nach Groß-Enzersdorf, genau bis zur Stadtgrenze. Dort beginnt die Lobau: der Traum jedes Naturfreundes. Die Rosskastanien sind voller prächtiger Blüten, bunte Wiesen unterbrechen hie und da den dichten Wald und bieten einen perfekten Rastplatz. Am Waldrand prangen duftende Holundersträucher, und Vorhänge aus Lianen schmücken mächtige Baumriesen.

Die Vorteile des Gehens liegen auf der Hand: Während man unterwegs ist, nimmt man unzählige Details wahr, die Wanderungen zu so wertvollen Erlebnissen machen. Beim Radfahren, geschweige denn beim Autofahren, flitzt alles an einem nur vorbei.

 

Im Nationalpark Donau-Auen

Im Nationalpark Donau-Auen findet man auf vielen Wiesen kleine Muscheln, die Hochwasser weit ins Festland transportiert haben. Die unglaubliche Ruhe, die auf den abgelegenen Wegen herrscht, ist fast greifbar. Keine Menschenstimmen, kein Verkehrslärm, nur Vogelgezwitscher und das Summen unterschiedlicher Insekten.

 

Der Nationalpark Donau-Auen ist ein schmaler Streifen zwischen den Ballungsräumen Wien und Bratislava. Er umfasst 9300 Hektar: Mehr als die Hälfte bedeckt der Auwald, der Rest sind Wiesen und Wasserflächen. Der Nationalpark ist für seine Vielfalt von Pflanzen und Tieren bekannt. Biber, Rothirsche, Sumpfschildkröten und viele Vogelarten leben hier. Immer wieder sehe ich von Bibern angenagte Bäume.

 

Bei Orth an der Donau, dem bekanntesten Ort im Nationalpark, gibt es ein paar Jausenstationen. Nach gut 20 km lockt mich das Schiffscafé Struden mit frisch gebackenen Leckerbissen an Bord. Vom Schiffscafé fährt eine Fähre ans andere Ufer der Donau, wo es wunderschöne Strände gibt. Ein paar hundert Meter östlich des Schiffscafés kann man sich in kleinen idyllischen Buchten die Schuhe ausziehen, die Füße abkühlen und sie auf die letzte Etappe des Wandertages vorbereiten.

Am Spätnachmittag werde ich müde. Ich wähle daher die „Autobahn“ für RadfahrerInnen und FußgängerInnen, die parallel zur Donau verläuft. Es ist eine gerade Kiesstraße, auf der man in beide Richtungen kilometerweit sieht. Beim Schild „Eckartsau“ spüre ich Erleichterung und enorme Freude. Es ist ein herrliches Gefühl, nach Zehntausenden Schritten eine Pension zu betreten und nach einem ausgiebigen Mahl ein Stockwerk höher ins Bett zu fallen. Wissend, dass man den Weg vom Stadtrand bis ins Herz des Nationalparks einzig und alleine mit der eigenen Körperkraft geschafft hat.

 

Den Spruch „Der Weg ist das Ziel!“ leben

Am nächsten Morgen bin ich wieder voll motiviert. Meine Füße und Beine protestieren zwar anfangs, spätestens beim Passieren des wunderschönen Schlossparks Eckartsau aber bin ich bereits gut aufgewärmt, und die Muskelschmerzen lassen nach.

 

Bei Stopfenreuth führt der Wanderweg ein letztes Mal zur Donau. Hier kommt man zur „Auterrasse“ - einer Aussichtsplattform sowie einem Zelt- und Lagerplatz, der die einzige Übernachtungsmöglichkeit im Freien bietet. Die stolze 228 m lange Donaubrücke Hainburg muss ich leider in der Mittagssonne überqueren. Ein kurzer Zwischenstopp in Hainburg, in der man eine der größten mittelalterlichen Befestigungsanlagen Österreichs besuchen kann, ist ein Muss.

 

Von Hainburg bis zur slowakischen Staatsgrenze sind Feldwege eine gute Alternative zur Hauptstraße. Die Grenze zu Fuß zu überqueren fühlt sich trotz der EU-Freizügigkeit etwas ungewöhnlich an. In wenigen Kilometern habe ich Bratislava erreicht und kann zufrieden, wenn auch mit brennenden Fußsohlen, auf die 65 zurückgelegte Kilometer und die dabei gesammelten Eindrücke zurückblicken.

 

Die Reise hat mir gezeigt, was der gängige Spruch „Der Weg ist das Ziel!“ bedeutet. Mein Ziel war nicht nur Bratislava, sondern jeder einzelne Kilometer. Manchmal ist das Reisen per Auto oder Öffis unvermeidbar. Sehr oft aber sind Fußmärsche viel zeitsparender, ökologischer, gesünder und voller bereichernder Erlebnisse.

Weitere Informationen

Kontakt

Naturfreunde Österreich

Downloads

ANZEIGE
Angebotssuche