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10. Internationale Lawinengespräche

 Am 8. Oktober 2016 fanden in Hirschwang an der Rax die Internationalen Lawinengespräche statt.

Diese werden jährlich von den Naturfreunden veranstaltet. Anlässlich des heurigen Jubiläums „10 Jahre Lawinenlagebericht in Niederösterreich“ luden die Naturfreunde Niederösterreich in Kooperation mit der ZAMG Graz namhafte Experten ein, die in ihren interessanten Vorträgen zum Thema Lawinen referierten.

Die Themenvielfalt war bei den heurigen Internationalen Lawinengesprächen wie jedes Jahr sehr vielfältig. Mag. Andreas Schieder, der Bundesvorsitzende der Naturfreunde Österreich und Mag. Karin Scheele, Landesvorsitzende der Naturfreunde NÖ, haben das interessierte Publikum gleich zu Beginn über die Bedeutung und Wichtigkeit des Lawinenlageberichtes informiert.

 

Der Lawinenwarndienst Niederösterreich

Danach gewährte der Niederschlagshydrologe Mag. Fritz Salzer in seinem Vortrag “10 Jahre Lawinenwarndienst NÖ” einen umfangreichen Einblick über die Tätigkeiten des Niederösterreichischen Lawinenwarndienstes. Darunter fallen unter anderem die Erstinformation für Wintertouristen, die außerhalb der gesicherten Pisten und Wege unterwegs sind, tägliche Lawinenlageberichte, Geländebegehungen und Schneedeckenuntersuchungen, ein E-Mail Aboservice, die Pflege der Lawinen-App, sowie die Beratung von Behörden und Einsatzorganisationen. Insgesamt wurden in den vergangenen 10 Jahren 1.344 Lawinenlageberichte veröffentlicht, 5.846 Lawinenwarnstufen ausgegeben und satte 40.270 km an Lawinenausfahrten verzeichnet.

 

Dr. Alex Podesser, Leiter des Kundenservice ZAMG Graz, hat im Anschluss darüber berichtet, wie der Lawinenlagebericht eigentlich zustande kommt und welche Faktoren dazu beitragen, dass es überhaupt zu Lawinenabgängen kommt. Auch hat er die einzelnen Lawinenwarnstufen äußerst anschaulich erklärt und eine Lawinenprognose für den heurigen Winter abgegeben.

 

Gefahren durch Lawinen

Auch der Landesreferent für Skitouren der Naturfreunde NÖ, Ing. Peter Plundrak, hat in seinem Vortrag auf die Wichtigkeit des Lawinenlageberichtes hinsichtlich der Tourenplanung in den Bergen aufmerksam gemacht. Doch stellte er fest, dass die Zahl der Lawinenopfer nach wie vor recht hoch ist. Den Grund dafür sieht der Bergfex darin, dass viele Tourengeher den Lawinenlagebericht zwar lesen, ihn jedoch aufgrund von Unwissenheit hinsichtlich Schnee- und Lawinenkunde oft falsch deuten oder unterschätzen. Dem könne man entgegenwirken, indem man hier gezielt Ausbildungen und weiterführende Vorträge anbietet. An einem speziellen  Ausbildungs- und Lawinen-Schulungs-Programm für interessierte Naturfreunde-Mitglieder wird bereits gearbeitet.

 

Dass der Lawinenlagebericht aber nicht nur für Alpintouristen, sondern auch für die Alpinpolizei sehr wichtig ist, hat im Anschluss daran Alpinpolizist Roland Groll erläutert. Die Alpinpolizei arbeitet sehr eng mit der Bergrettung zusammen, ermittelt bei Unfällen auf alpinem Gelände und fahndet nach vermissten oder in Bergnot geratenen Personen. Seit 2003 wirkt die Alpinpolizei Niederösterreich auch aktiv am Lawinenschutz mit, erstellt umfangreiche Schneeprofile und bietet hier ebenfalls Ausbildungen an.

 

Die W3 Methode – Wer geht wann wohin?

Der Forstwissenschaftler und ehemalige Leiter der Lawinenwarnzentrale in Bayern, Dr. Bernhard Zenke, hat sich in seinem Vortrag mit diesem Thema ebenfalls sehr ausführlich beschäftigt und über die Funktion des Lawinenlageberichtes für das Konzept W3 referiert. Durch die Frage „Wer geht wann wohin und die dazu passende ”Matrix” liefert W3 ein gutes Werkzeug sich im winterlichen Gebirge selbst einzuschätzen. Bernhard Zenke selbst war maßgeblich an der Schaffung der europäischen Lawinengefahrenskala beteiligt und hat sehr anschaulich erklärt, wie Lawinenwarnsysteme  eigentlich zu ihren Daten kommen, aufgrund derer sie dann die Lawinenwarnstufe festlegen. Schneedeckenaufbau, Schwachstellen in der Schneedecke, Höhenlage, Steilheit des Geländes, das Wetter und seine Tendenz, der Luftdruck und viele weitere Faktoren müssen hier genauestens berücksichtigt und ausgewertet werden.

 

Martin Edlinger, Gerichtssachverständiger für Lawinenunfälle, hat in Anlehnung an diesen Vortrag die einzelnen Lawinenwarnstufen genau erklärt und erläutert, wie die W3 Matrix dazu beitragen kann, Lawinenunfälle zu vermeiden. Dass hier vor allem die Selbsteinschätzung eine tragende Rolle spielt, musste auch er bereits sehr oft feststellen. Er hat auf die Wichtigkeit einer umfassenden Lawinen - und Wetterrecherche vor jeder winterlichen Bergtour aufmerksam gemacht. Dass eine gute Ausbildung und spezifisches Wissen über die alpine Sicherheit entscheiden, hat schließlich auch Dr. Arno Studeregger in seinem Vortrag konstatiert. Er ist der Fachliche Leiter des Lawinenwarndienstes Niederösterreich und Gerichtssachverständiger für Lawinenunfälle und Alpinistik. Das Entscheidungskonzept W3 sieht auch er als eine der wichtigsten Methoden, um im Alpinen Gelände Gefahren rechtzeitig zu erkennen und rasch handeln zu können.

 

Dass man jedoch trotz bester Vorbereitungen vor einem Bergunglück nicht gefeit ist,

hat der Puchberger Bergfex Franz Hausmann berichtet. In einem sehr anschaulichen Vortrag hat er erzählt, wie er einen Lawinenunfall am Schneeberg überlebt hat. Im Anschluss daran hat Oliver Stocker, Safety Academy Partner von Ortovox, über die aktuelle Ausrüstungsentwicklung referiert.

 

Die Berge und das Wetter

Zum Schluss der Vortragsreihe hat der Servus TV Meteorologe Andreas Jäger darüber gesprochen, welche Auswirkung der Klimawandel auf das Winterbergsteigen in den Ostalpen hat. Denn ob wir wollen oder nicht, der Klimawandel ist das bestimmende Thema unserer Zeit. Natürlich sind seine Ursachen noch lange nicht ganz verstanden und seine Auswirkungen können im Moment oft nur erahnt werden. Dass er jedoch auch im Bereich der Lawinengefahr ein mitbestimmender Faktor ist, ist unbestreitbar.

 

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